Nebenwirkungen des Neurofeedback

Nebenwirkungen von Neurofeedback: Ein oft übersehenes Thema

Über die Nebenwirkungen von Neurofeedback wird selten gesprochen. Die meisten Werbeaussagen behaupten, dass Neurofeedback frei von Nebenwirkungen sei. Aus meiner langjährigen Erfahrung im medizinischen Bereich – vor allem im Austausch mit Menschen, die bereits viele Behandlungsmethoden ausprobiert haben – weiß ich jedoch, dass nur sehr wenige Therapien und Medikamente tatsächlich völlig nebenwirkungsfrei sind. Häufig sind die Nebenwirkungen gering oder treten nur selten auf, aber pauschal würde ich sagen: (Fast) alles, was eine Wirkung hat, kann auch Nebenwirkungen haben.

Für diesen Artikel habe ich eigene Auswertungen von Beiträgen in sozialen Medien vorgenommen und die Informationen in einer Tabelle nach Kategorien zusammengefasst. Diese Auswertung ist keine wissenschaftliche Studie mit hohem Evidenzgrad, sondern eine Sammlung anekdotischer Fälle, die für mich plausibel dargestellt wurden. Die Echtheit der Aussagen konnte ich dabei nicht überprüfen.

Im Anschluss folgt eine Zusammenfassung einer Studie, die sich mit den kurzfristigen Nebenwirkungen von Neurofeedback befasst.

Zum Schluss werde ich meine persönliche Einschätzung und Empfehlungen zu diesem Thema geben.

Hier ist die Tabelle mit meiner Auswertung der Einzelfälle. Einige Personen berichten, dass die Nebenwirkungen über mehrere Monate anhalten. Rechts habe ich mögliche Ursachen oder Wirkmechanismen ergänzt.

Type of Neurofeedback Basis of qEEG Side Effect Frequency Mögliche Erklärungen / Ursachen
SMR / ILF ultra slow No Insomnia High Überstimulation bestimmter Gehirnregionen durch langsame Frequenzen kann das Gleichgewicht im Schlaf-Wach-Zyklus stören. Besonders bei Personen mit empfindlicher Stressregulation.
Z-Score / Home Trainer Yes Increased anxiety Medium Z-Score-Training zielt auf Abweichungen von Normwerten ab, was zu einer plötzlichen Veränderung der Gehirnaktivität führen kann. Dies kann bei anfälligen Personen zu erhöhter Angst führen.
SMR Yes Headache Low Eine Veränderung der Gehirnfrequenz im Sensorimotorischen Bereich (SMR) kann zu muskulären Spannungen oder einer ungewohnten Hirnaktivität führen, die Kopfschmerzen auslösen.
ILF No Tinnitus Medium Infra Slow Frequencies (ILF) können durch ihre Wirkung auf tiefe Hirnstrukturen die Aktivität im auditorischen Cortex beeinflussen, was zu Tinnitus führen kann, insbesondere bei Übertraining.
Home Trainer No Dizziness Low Unsachgemäßes Training ohne professionelle Begleitung kann das Gleichgewicht im Nervensystem stören, was zu Schwindel führen kann, besonders wenn das Gehirn unausgeglichen stimuliert wird.
Infra Slow No Sweating Low ILF-Training kann das autonome Nervensystem beeinflussen, was sich in physiologischen Reaktionen wie vermehrtem Schwitzen äußern kann, da es Stressregulation und Stoffwechselprozesse verändert.

Hier ist ein wissenschaftlicher Artikel, der sich mit den Nebenwirkungen während der Behandlung mit Neurofeedback (NF) beschäftigt. Dieser Artikel hat natürlich eine höhere wissenschaftliche Signifikanz als meine obenstehende Tabelle. Allerdings werden darin weder Home-Trainer noch langfristige Nebenwirkungen berücksichtigt. Zudem ist davon auszugehen, dass die Behandlungen, auf denen die Studie basiert, von professionellen Therapeuten mit geeigneten Geräten durchgeführt wurden.


Vorübergehende Nebenwirkungen während des Neurofeedback

Die Studie mit dem Titel „Vorübergehende Nebenwirkungen während des Neurofeedback-Trainings: Eine randomisierte, Schein-kontrollierte, doppelblinde Studie“ untersucht potenzielle kurzfristige negative Effekte, die mit verschiedenen Neurofeedback-Protokollen verbunden sind. Die Forschung vergleicht die Ergebnisse des tatsächlichen Neurofeedback-Trainings (NFT) mit Schein-Kontrollen und konzentriert sich dabei insbesondere auf Protokolle wie SMR (Sensorimotor Rhythm), ILF (Infraniedrige Frequenz) und Z-Score-Training.

Wichtige Ergebnisse

  1. Neurofeedback-Protokolle:
    • SMR-Training: Beinhaltet die Verstärkung der Gehirnaktivität im Bereich des sensorimotorischen Rhythmus (12-15 Hz).
    • ILF-Training: Konzentriert sich auf Gehirnwellenaktivitäten mit sehr niedriger Frequenz.
    • Z-Score-Training: Ein Verfahren, das EEG-Daten auf der Grundlage standardisierter Gehirnkarten normalisiert.
  2. Arten von Nebenwirkungen:
    • Die Teilnehmer berichteten über verschiedene unerwünschte Effekte wie Kopfschmerzen, Schwindel und Müdigkeit während und nach den Trainingseinheiten. Diese Effekte traten bei einigen Protokollen häufiger auf als bei anderen, was darauf hinweist, dass unterschiedliche Arten von Neurofeedback unterschiedliche Reaktionen hervorrufen können.
  3. Erklärung für die Nebenwirkungen:
    • Diese Nebenwirkungen werden als Reaktion des Gehirns auf die Anpassung der durch das Neurofeedback induzierten Hirnwellenmuster betrachtet. Zum Beispiel könnten Änderungen der Gehirnrhythmen während des SMR- oder ILF-Trainings zu vorübergehender Desorientierung führen, da sich das Gehirn an die neuen Aktivitätsmuster anpasst.
  4. Häufigkeit der Nebenwirkungen:
    • Die Häufigkeit dieser Nebenwirkungen variierte, wobei einige Teilnehmer Symptome bei bestimmten Trainingstypen häufiger erlebten. Die Studie bietet einen vergleichenden Überblick und zeigt, dass auch bei Schein-Kontrollen Nebenwirkungen auftreten, was die Bedeutung der Unterscheidung zwischen tatsächlichen Trainingseffekten und Placebo hervorhebt.

Zusammenfassungstabelle

TrainingArt der NebenwirkungErklärung für die NebenwirkungHäufigkeit
SMR-TrainingKopfschmerzen, SchwindelAnpassung des Gehirns an veränderte sensorimotorische RhythmenMittel
ILF-TrainingMüdigkeit, DesorientierungVeränderungen in Gehirnwellen mit sehr niedriger FrequenzHoch
Z-Score-TrainingLeichte Angst, KopfschmerzenNormalisierungsprozess führt zu vorübergehenden UngleichgewichtenGering bis Mittel
Schein-KontrolleÄhnlich wie obenPlacebo-Reaktion im Zusammenhang mit den Erwartungen der TeilnehmerVariiert

Diese Tabelle bietet eine kompakte Übersicht über die verschiedenen Trainingsprotokolle, hebt die häufigsten unerwünschten Effekte, mögliche Erklärungen und deren Häufigkeit hervor

Rogel, A., Guez, J., Getter, N. et al. Transient Adverse Side Effects During Neurofeedback Training: A Randomized, Sham-Controlled, Double Blind Study. Appl Psychophysiol Biofeedback 40, 209–218 (2015). https://doi.org/10.1007/s10484-015-9289-6

Zusammenfassung und Empfehlung:

Neurofeedback-Training kann sowohl kurzfristige als auch mittelfristige Nebenwirkungen haben. Tendenziell treten unerwünschte Nebenwirkungen häufiger beim Home-Training, ILF- und SMR-Training auf. Dafür gibt es verschiedene Gründe. Beim Home-Training liegt es nahe, dass Fehler durch den Anwender gemacht werden, da unser Gehirn ein sehr komplexes Thema ist. Hier werden Standardmethoden eingesetzt, die vielen helfen, aber eben nicht allen.

Eine weitere mögliche Ursache könnte das fehlende Fachwissen des Therapeuten sein oder der fehlende Abgleich des EEG und qEEG mit den Symptomen. Dies passt auch zu den häufig genannten Nebenwirkungen beim SMR-Training. Es gibt Sprüche wie „SMR geht immer“, die jedoch nicht immer zutreffen. Hier gibt es eine klare Kontraindikation, nämlich die sogenannten Mu-Wellen. Diese können im EEG erkannt werden, und ein erfahrener Therapeut wird dies im Training berücksichtigen.

Empfehlung: Gehen Sie zu einem erfahrenen Therapeuten, sprechen Sie über ein EEG und qEEG vor der Behandlung, und informieren Sie sich über die Ausbildung des Therapeuten. Home-Training kann dann eine sinnvolle Ergänzung sein. Gerade während der COVID-Lockdowns wurden in diesem Bereich große Fortschritte erzielt.

Dipl.-Ing. Michael Schiffer, MBA
Baden-Baden, 16. Oktober 2024

Long Covid: Der Einfluss auf das Gehirn ist im qEEG sichtbar und mögliche Therapieoptionen

Einleitung

Long Covid, die langfristigen Folgen einer COVID-19-Infektion, betrifft nicht nur die körperliche Gesundheit, sondern auch das Gehirn und das zentrale Nervensystem. Neuere Studien haben gezeigt, dass diese Auswirkungen im EEG und qEEG sichtbar sind, insbesondere durch Veränderungen der Hirnwellenmuster. Diese neurologischen Anomalien können zu Symptomen wie kognitiven Beeinträchtigungen, Müdigkeit und in einigen Fällen sogar zu Krampfanfällen führen. In diesem Artikel werde ich vier Studien zu Long Covid und qEEG zusammenfassen, die aufzeigen, wie die Elektroenzephalographie (EEG) genutzt werden kann, um diese Veränderungen zu verstehen, sowie mögliche Therapieansätze.

Zusammenfassung der 4 Studien

  1. Veränderungen in EEG-Aufzeichnungen bei COVID-19-Patienten als Grundlage für genauere qEEG-Diagnostik und EEG-Neurofeedback-Therapie
    Diese Studie überprüft die EEG-Veränderungen bei COVID-19-Patienten und zeigt, dass das Virus die Funktionsweise des Nervensystems beeinflusst. Auffälligkeiten wie langsam wellige Muster im Frontalbereich deuten auf eine verminderte kognitive Leistungsfähigkeit hin. Die Autoren betonen, dass diese Beobachtungen die Basis für genauere qEEG-Diagnosen und Neurofeedback-Trainings bilden könnten (Kopańska et al., 2021).
  2. Kontinuierliche EEG-Merkmale und akute symptomatische Anfälle bei COVID-19-Patienten
    Diese Studie befasst sich mit kontinuierlichem EEG-Monitoring bei schwer erkrankten COVID-19-Patienten und stellt fest, dass einige Patienten nicht-konvulsive Anfälle und scharfe Wellen im EEG aufweisen. Dies zeigt eine mögliche Anfälligkeit des Gehirns für epileptische Anomalien durch das Virus auf (Louis et al., 2020).
  3. Strukturelle Gehirnveränderungen bei Patienten mit Post-COVID-Fatigue
    Diese prospektive Studie verwendet MRT und EEG, um strukturelle Veränderungen im Gehirn von Patienten mit Long-Covid-bedingter Müdigkeit zu untersuchen. Sie stellt fest, dass es signifikante Veränderungen in der Hirndurchblutung und der Gehirnstruktur gibt, insbesondere in subkortikalen Regionen (Paterson et al., 2023).
  4. Langfristige neurologische Auswirkungen von COVID-19
    Diese groß angelegte Studie untersucht die neurologischen Langzeitfolgen von COVID-19. Sie stellt fest, dass Long Covid zu einer Vielzahl von neurologischen Problemen führen kann, darunter kognitive Defizite, Gedächtnisprobleme und sogar strukturelle Hirnschäden, die im EEG sichtbar sind (Xu et al., 2023).

EEG-Befunde bei Long Covid: Eine Übersicht

BereichFrequenzEEG-MusterSymptomPotenzielle TherapieStudie
Frontaler KortexHäufigLangsame Deltawellen, leichte AsymmetrieKognitive Beeinträchtigungen, KonzentrationsstörungenQEEG-Diagnostik, SMR-Training, NeurofeedbackKopańska et al., 2021
FrontalbereichGelegentlichScharfe WellenAnfälle, VerwirrungNeurofeedback-TherapieLouis et al., 2020
Subkortikale RegionenHäufig bei schweren FällenVerminderte HirndurchblutungKognitive Beeinträchtigungen, MüdigkeitKognitive Rehabilitation, NeurofeedbackPaterson et al., 2023
Mehrere GehirnregionenVariabelDiffuse epileptische Entladungen, scharfe WellenKrampfanfälle, VerwirrungEEG-gestützte NeurotherapieXu et al., 2023

Vorschläge für mögliche Therapieoptionen

Basierend auf den oben genannten Studien könnten die folgenden Therapieansätze helfen, die EEG-Veränderungen und Symptome bei Long-Covid-Patienten zu adressieren:

  1. SMR-Training (Sensory Motor Rhythm Training)
    • Elektrodenplatzierung: C3 oder C4 (sensorimotorischer Kortex) nach dem 10/20-System.
    • Frequenz: 12-15 Hz (SMR-Band).
    • Trainingsfrequenz: 2-3 Mal pro Woche.
    • Sitzungsdauer: 30-45 Minuten pro Sitzung.
    • Gesamtdauer: 20-40 Sitzungen, je nach Fortschritt des Patienten.
  2. Neurofeedback-Therapie (für scharfe Wellen und Delta-Wellen)
    • Elektrodenplatzierung: Fp1, Fp2, F3, F4 (Frontalbereich).
    • Frequenz: Alpha (8-12 Hz) oder Theta (4-7 Hz), je nach Bedarf.
    • Trainingsfrequenz: 3 Mal pro Woche.
    • Sitzungsdauer: 30-60 Minuten.
    • Gesamtdauer: 20-30 Sitzungen.
  3. Alpha/Theta-Training (bei Müdigkeit und reduzierter Konzentration)
    • Elektrodenplatzierung: Pz oder Cz (zentraler Kortex).
    • Frequenz: 8-12 Hz (Alpha) und 4-7 Hz (Theta).
    • Trainingsfrequenz: 2-3 Mal pro Woche.
    • Sitzungsdauer: 20-40 Minuten pro Sitzung.
    • Gesamtdauer: 15-30 Sitzungen.
  4. EEG-gestützte Neurotherapie (bei Anfällen und kognitiven Problemen)
    • Elektrodenplatzierung: Je nach EEG-Befunden, gängige Plätze sind Fz, Cz, Pz.
    • Frequenz: Anpassung an das individuelle EEG-Muster.
    • Trainingsfrequenz: 3 Mal pro Woche.
    • Sitzungsdauer: 30-60 Minuten.
    • Gesamtdauer: 20-40 Sitzungen.

Disklaimer

Dieser Artikel fasst wissenschaftliche Studien zusammen und bietet potenzielle Therapiemöglichkeiten, die auf den in den Studien gewonnenen Erkenntnissen basieren. Diese Informationen ersetzen jedoch keine randomisierte, placebokontrollierte klinische Studie. Es ist wichtig, dass Sie alle Therapiemöglichkeiten mit Ihrem behandelnden Arzt oder Therapeuten besprechen, bevor Sie eine Behandlung beginnen.