Der Einfluss von Neurofeedback auf die HRV und Magenaktivität

Hier die Zusammenfassung der Studie mit dem Titel:

The Impact of Alpha‐Neurofeedback Training on Gastric Slow Wave Activity and Heart Rate Variability in Humans

Hintergrund:

Die Studie untersucht die Möglichkeit, die Magenfunktion durch gezieltes Neurofeedback-Training (EEG-NF) zu beeinflussen. Frühere Forschungen haben eine Kopplung zwischen der Alpha-Band-Aktivität der Insula im EEG und der Magen-Slow-Wave-Aktivität (GSW) gezeigt.

Methoden:

  • Design: Randomisiertes Crossover-Design mit 20 gesunden Probanden
  • Interventionen: Zwei Sitzungen mit unterschiedlichem EEG-Neurofeedback-Training:
    • Aktives Training: Erhöhung der Alpha-Aktivität in der linken posterioren Insula (LPIns)
    • Kontrolltraining: Erhöhung der Aktivität im primären visuellen Kortex (PVC)
  • Datenaufzeichnung: EEG, Elektrogastrogramm (EGG) zur Erfassung der Magen-Slow-Wave-Aktivität, EKG zur Erfassung der Herzratenvariabilität (HRV)
  • Test nach Training: 5-Minuten-Wasserbelastungstest (5WLT)

Ablauf

1. Elektrodenplatzierung für das EEG-Neurofeedback-Training

  • Die EEG-Signale wurden mit einer 21-Kanal-Kappe im 10/20-System aufgezeichnet.
  • Das Neurofeedback-Training erfolgte über eine spezifische Elektrode oder eine Kombination von Elektroden, die die Aktivität der linken posterioren Insula (LPIns) am besten repräsentieren.
  • In der Regel wird für eine Annäherung an die LPIns-Aktivität eine Ableitung über P3, CP3 oder T5/P7 (je nach individuellem Kopfmodell) verwendet, da diese Elektroden die nächstgelegenen Oberflächenrepräsentationen der Insula abdecken.
    (Kommentar nicht Teil der Studie)
  • Da das Training auf eine Erhöhung der Alpha-Band-Aktivität (8–12 Hz) in der LPIns abzielte, wurde das Feedback basierend auf den Echtzeit-EEG-Daten aus dieser Region generiert.

2. Trainingsprotokoll: Echtzeit-Feedback für Alpha-Neurofeedback

  • Während der 30-minütigen Neurofeedback-Sitzung erhielten die Teilnehmer auditives Feedback, wenn die Alpha-Aktivität in der Zielregion (LPIns) über einen Schwellenwert anstieg.
  • Belohnungsmechanismus: Ein Audiosignal wurde ausgelöst, wenn die Alpha-Aktivität innerhalb der LPIns (basierend auf den 10/20-Elektroden) verstärkt wurde.
  • Vergleichsbedingung: In einer Kontrollgruppe wurde nicht die LPIns, sondern der primäre visuelle Kortex (Brodmann-Areal 17, nahe Oz) trainiert.

Zusammenfassung:

  1. EEG-Aufzeichnung über das 10/20-System mit einer 21-Kanal-Kappe.
  2. Neurofeedback-Training vermutlich über P3, CP3 oder P7/T5, da diese Elektroden der linken posterioren Insula am nächsten liegen.
    (Kommentar nicht Teil der Studie)
  3. Echtzeit-Audio-Feedback basierend auf Alpha-Band-Aktivität (8–12 Hz) in diesen Kanälen.
  4. Nachträgliche Quelle-Lokalisierung mit eLORETA zur Überprüfung, ob die Aktivierung wirklich in der LPIns stattfand.

Ergebnisse:

  • Herzratenvariabilität (HRV): Eine längere erfolgreiche Neurofeedback-Dauer war mit einer erhöhten parasympathischen Aktivierung (RMSSD: r = 0.59; p = 0.005) und einer verminderten Stressreaktion (SI: r = -0.59; p = 0.006) assoziiert.
  • Magen-Slow-Wave-Aktivität: Es gab eine signifikante Korrelation zwischen erfolgreicher Neurofeedback-Dauer und der Stabilität der Magenrhythmik im Kontrolltraining, jedoch nicht in der LPIns-Gruppe.
  • EEG-Aktivität: Korrelationen wurden zwischen der erfolgreichen Dauer des LPIns-Trainings und verschiedenen EEG-Frequenzbändern in der Insula festgestellt (z. B. Beta-Band-Aktivität in der linken und rechten anterioren Insula).
  • Funktionelle Konnektivität: Die Beta-Band-Konnektivität zwischen LPIns und RAIns war negativ korreliert (r = -0.54; p = 0.013), während die Gamma-Band-Konnektivität zwischen LPIns und RPIns positiv war (r = 0.46; p = 0.04).

Schlussfolgerung:

  • Das EEG-Neurofeedback-Training der LPIns hatte signifikante Auswirkungen auf HRV, EEG-Aktivität und funktionelle Konnektivität.
  • Die Trainingseffizienz sollte zukünftig stärker berücksichtigt werden, insbesondere die Dauer des erfolgreichen Neurofeedback-Trainings.
  • Die Ergebnisse legen nahe, dass gezieltes EEG-Neurofeedback-Training möglicherweise eine nicht-invasive Methode zur Modulation der Gehirn-Darm-Achse und der autonomen Funktion darstellt.
  • Die Studie untersuchte ausschließlich die akuten Effekte des Alpha-Neurofeedback-Trainings auf die HRV. Das bedeutet, dass die Verbesserung der HRV direkt nach der 30-minütigen Trainingssitzung gemessen wurde, aber keine Langzeituntersuchung stattfand.

Mathew, J., Galacgac, J., Smith, M.L., Du, P. and Cakmak, Y.O. (2025), The Impact of Alpha-Neurofeedback Training on Gastric Slow Wave Activity and Heart Rate Variability in Humans. Neurogastroenterology & Motility e15009. https://doi.org/10.1111/nmo.15009

Ist eine langfristige Verbesserung der HRV zu erwarten?

Da diese Studie nur die akuten Effekte betrachtete, kann keine direkte Aussage über langfristige Wirkungen gemacht werden. Allerdings gibt es einige Hinweise aus der Neurofeedback-Forschung, die darauf hindeuten, dass regelmäßiges Training zu dauerhaften Verbesserungen führen kann:

  1. Neuroplastizität & Wiederholtes Training:
    • Neurofeedback kann durch operante Konditionierung dauerhafte Veränderungen in neuronalen Netzwerken bewirken.
    • Frühere Studien haben gezeigt, dass regelmäßiges EEG-Neurofeedback (über mehrere Wochen hinweg) langfristige Veränderungen in der HRV bewirken kann.
  2. Mechanismus: Verbesserung der Vagusaktivität:
    • Da Alpha-Training in der linken posterioren Insula (LPIns) mit einer höheren parasympathischen Aktivität und Vagus-Tonus verbunden ist, könnte regelmäßiges Training diesen Effekt stabilisieren.
    • Die Insula ist ein zentraler Modulator des autonomen Nervensystems, daher könnte eine längerfristige Erhöhung der Alpha-Aktivität die Vagus-Funktion und damit die HRV langfristig verbessern.

Empfehlung für Langzeitwirkung:

Da diese Studie nur eine einzige Sitzung untersuchte, wäre es sinnvoll, zukünftige Studien mit einem mehrwöchigen Trainingsprogramm durchzuführen. Basierend auf früheren Neurofeedback-Studien könnte ein 6- bis 8-wöchiges Training (2-3 Sitzungen pro Woche) erforderlich sein, um eine dauerhafte Verbesserung der HRV zu erzielen.

Dipl. Ing. Michael Schiffer MBA, 22-Feb-2025, Baden-Baden

„COVID-19 and the Brain“ von Darrius Rountree-Harrison

Mechanismen der Gehirnschädigung durch COVID-19:

Die Studie ist schon aus 2022 ist aber von den Schlussfolgerungen noch immer aktuell.
Hier die Zusammenfassung.

COVID-19 schädigt das Gehirn sowohl direkt als auch indirekt:

  1. Direkte Mechanismen:
    • Der Virus gelangt über Nerven (z. B. im Riechorgan oder Blut-Hirn-Schranke) ins Gehirn.
    • Schäden entstehen durch Infektionen, Entzündungen und Veränderungen in Neurotransmittern, was zu Schlaganfällen, Enzephalitis und anderen neurologischen Störungen führt.
  2. Indirekte Mechanismen:
    • Sauerstoffmangel durch Lungenschäden oder Blutgerinnsel.
    • Überaktive Immunantworten („Zytokinsturm“) schädigen Nervenzellen und andere Organe.
    • Organschäden (z. B. Herz- und Nierenversagen) verschlimmern die Gehirnfunktion.

Überleitung zu therapeutischen Ansätzen:

Die neurologischen Auswirkungen von COVID-19 führen zu Störungen wie Gedächtnisproblemen, motorischen Defiziten und psychischen Beeinträchtigungen. Therapien wie Neurofeedback, HRV-Training und Low-Level-Lasertherapie (LLLT) könnten helfen, die Symptome zu lindern und Funktionen wiederherzustellen.

Therapieansätze und Beispiele:

1. Neurofeedback

Studien zu Epilepsie

  • Studie: Sterman & Friar (1972) – „Suppression of seizures in an epileptic following sensorimotor EEG feedback training“.
  • Teilnehmer: Epileptische Patienten.
  • Methode: Belohnung von Gehirnwellen zwischen 12–15 Hz; Verhinderung von langsamen Wellen (4–8 Hz).
  • Ergebnisse:
    • Langzeitstudien zeigen bei 82 % der Patienten eine Reduktion der Anfälle um mehr als 50 %.
    • Besonders effektiv bei Patienten, die auf Medikamente nicht ansprachen.
  • Quelle: Egner & Sterman (2006),

Schlaganfall-Rehabilitation

  • Studie: Ayers (1995) – Einsatz von Neurofeedback bei Schlaganfallpatienten.
  • Teilnehmer: 250 Patienten mit Schädel-Hirn-Trauma.
  • Methode: Training an der Stirn und an den Schläfen, Förderung von Alpha-Wellen (8–12 Hz).
  • Ergebnisse:
    • Verbesserungen in Konzentration, Gedächtnis und kognitiver Leistung.
    • Reduktion von Kopfschmerzen, Angst und Stimmungsschwankungen.
  • Quelle: Budzynski et al. (2009),.

Long-COVID und kognitive Symptome

  • Fallberichte:
    • Rückgewinnung des Geruchssinns bei Long-COVID nach 22 Neurofeedback-Sitzungen.
  • Quelle: Hammond (2007),

2. HRV-Biofeedback (Herzratenvariabilitätstraining)

Bluthochdruck und Kopfschmerzen

  • Studie: Yucha & Montgomery (2008).
  • Teilnehmer: Patienten mit chronischer Hypertonie und Kopfschmerzen.
  • Methode: Regelmäßiges Atemtraining zur Verbesserung der Herzfrequenz.
  • Ergebnisse:
    • Reduktion von Bluthochdruck und weniger Kopfschmerzen.
    • Verbesserte Blut- und Sauerstoffversorgung des Gehirns.
  • Quelle: Lehrer & Gevirtz (2014),

Psychische Gesundheit

  • Studie: Moss & Shaffer (2017).
  • Teilnehmer: Patienten mit Depressionen, Angstzuständen und PTBS.
  • Ergebnisse:
    • Verbesserung der emotionalen Regulation und kognitiven Funktionen.
  • Quelle: Perna et al. (2019),

3. Low-Level-Lasertherapie (LLLT)

Kognitive Verbesserung und Entzündungshemmung

  • Studie: Gonzalez-Lima et al. (2014) – Photobiomodulation bei kognitiven Defiziten.
  • Teilnehmer: Patienten mit Alzheimer und posttraumatischen Verletzungen.
  • Methode: Nahinfrarotlicht zur Stimulation geschädigter Hirnareale.
  • Ergebnisse:
    • Verbesserte Gedächtnisleistung und Reduktion von Entzündungen.
  • Quelle: Hamblin (2016),

Traumatische Hirnverletzungen

  • Studie: Naeser et al. (2014).
  • Ergebnisse:
    • Reduktion neurologischer Symptome und Verbesserung der kognitiven Funktion.
  • Quelle: Naeser et al. (2014),.

4. Peak-Performance Neurofeedback

Verbesserung der geistigen Leistung

  • Studie: Koberda et al. (2015).
  • Teilnehmer: Gesunde Personen.
  • Methode: Belohnung schneller Gehirnwellen (Beta).
  • Ergebnisse:
    • Höhere Konzentrationsfähigkeit und verbesserte kognitive Verarbeitung.
  • Quelle: Kober et al. (2015)

Fazit:

Die Studie zeigt, dass neuromodulative Ansätze wie Neurofeedback und HRV-Training vielversprechend sind, um neurologische Schäden durch COVID-19 zu lindern. Obwohl sie experimentell bleiben, bieten diese Ansätze potenzielle Lösungen für Langzeitfolgen von COVID-19.

Quelle: https://www.neuroregulation.org/article/view/21889/14491