Studie zu Neurofeedback als Stressreduktion

Da immer mehr Menschen unter Stress leiden, häufig verstärkt durch Ängste oder Depressionen, habe ich die zentrale Metastudie zur Stressreduktion übersetzt und zusammengefasst. Zusätzlich habe ich relevante Informationen zum Thema qEEG-basiertes Neurofeedback ergänzt, um ein besseres Verständnis der individuellen Anpassungsmöglichkeiten zu bieten.

Zusammenfassung der Studie zu Neurofeedback als Stressreduktion

Art der Studie

Die Studie stellt eine Übersichtsarbeit dar, die verschiedene Methoden zur Stressminderung untersucht, darunter Biofeedback (BFB), Neurofeedback (NFB) und nichtinvasive Gehirnstimulation (NIBS). Sie bewertet bestehende Literatur und empirische Studien, die sich mit den Effekten dieser Methoden auf autonome und endokrine Funktionen im Zusammenhang mit Stress auseinandersetzen.

Verfahren zur Bestimmung von Stress

Die Bestimmung von Stress erfolgte durch eine Vielzahl von Indikatoren:

  • Herzfrequenzvariabilität (HRV): Sie wird als Maß für die autonome Aktivität genutzt und ermöglicht die Bewertung von Stressniveau und mentaler Belastung.
  • Hautleitfähigkeit (SC): Änderungen der Hautleitfähigkeit durch Schweißabsonderung geben Aufschluss über die Aktivität des sympathischen Nervensystems unter Stress.
  • Blutvolumenänderungen (PPG): Veränderungen im Blutvolumen werden über Photoplethysmographie (PPG) gemessen und reflektieren den sympathischen Zustand.
  • Atemfrequenz und endokrine Parameter wie Cortisolspiegel geben zusätzliche Informationen über die physiologischen Reaktionen auf Stress.

Methoden zur Stressreduktion

Die Studie identifiziert und vergleicht mehrere Stressreduktionstechniken:

  • HRV-Training: Eine Technik, die die Herzfrequenzvariabilität durch Atemübungen beeinflusst, um parasympathische Aktivität zu fördern und Stress zu mindern.
  • Neurofeedback (NFB): Ein EEG-basiertes Training, das gezielt Gehirnwellenmuster verändert, um den mentalen Zustand zu regulieren. Alpha-Training zur Förderung der Entspannung und Reduktion von Angst wurde als wirksam beschrieben.
  • NIBS (tDCS/rTMS): Nichtinvasive Gehirnstimulation wie transkraniale Gleichstromstimulation, die spezifische Hirnareale beeinflusst, um die Stressantwort zu modulieren.

Vergleich von HRV-Training, Neurofeedback und Placebo

Neurofeedback (NFB) und HRV-Training zeigten in kontrollierten Studien signifikante Effekte auf die Stressreduktion im Vergleich zu Placebo. Die Studie hebt hervor, dass Neurofeedback besonders wirksam war, die kognitive Leistung und emotionale Stabilität zu verbessern, was sich als vorteilhaft für gestresste Personen erwies. Im Gegensatz dazu wies die Placebogruppe keine signifikanten Verbesserungen auf.

Vergleich des Alpha-Trainings bei Personen mit niedrigen und hohen Alpha-Leveln

Alpha-Training führte bei Personen mit niedrigem Alpha-Niveau zu einem signifikanten Anstieg der Alpha-Aktivität und einer Verringerung der Angst. Im Gegensatz dazu zeigten Personen mit hohem Alpha-Niveau vor dem Training geringere Effekte, da ihr Ausgangsniveau bereits relativ hoch war. Zusätzlich ist es anzumerken (Meine Meinung, nicht als Ergebnis der Studie), dass die Bestimmung der Alpha-Level durch ein qEEG vor dem Training nützlich sein könnte. Ein qEEG könnte helfen, das Training individueller anzupassen und somit ein effektiveres, zielgerichtetes Alpha-Training zu ermöglichen.

Wirkmechanismus von Depression und Angst auf Stress und die Wirkung von Neurofeedback

Die Studie beschreibt, dass Angst und Depression den Stresszustand verschlimmern, was durch vermehrte Aktivität in der Amygdala und eine Dysregulation im präfrontalen Kortex nachgewiesen wird. Neurofeedback wirkt dem entgegen, indem es Hirnwellenmuster verändert, die mit erhöhter Entspannung und verbesserter Aufmerksamkeitskontrolle assoziiert sind. Insbesondere das Alpha-Training hat positive Effekte auf depressive und ängstliche Symptome und kann somit indirekt zur Stressminderung beitragen.


Quelle: Subhani, A. R. (2018). Mitigation of stress: new treatment alternatives. Cognitive Neurodynamics, 12, 1–20. https://link.springer.com/article/10.1007/s11571-017-9460-2

Long Covid: Der Einfluss auf das Gehirn ist im qEEG sichtbar und mögliche Therapieoptionen

Einleitung

Long Covid, die langfristigen Folgen einer COVID-19-Infektion, betrifft nicht nur die körperliche Gesundheit, sondern auch das Gehirn und das zentrale Nervensystem. Neuere Studien haben gezeigt, dass diese Auswirkungen im EEG und qEEG sichtbar sind, insbesondere durch Veränderungen der Hirnwellenmuster. Diese neurologischen Anomalien können zu Symptomen wie kognitiven Beeinträchtigungen, Müdigkeit und in einigen Fällen sogar zu Krampfanfällen führen. In diesem Artikel werde ich vier Studien zu Long Covid und qEEG zusammenfassen, die aufzeigen, wie die Elektroenzephalographie (EEG) genutzt werden kann, um diese Veränderungen zu verstehen, sowie mögliche Therapieansätze.

Zusammenfassung der 4 Studien

  1. Veränderungen in EEG-Aufzeichnungen bei COVID-19-Patienten als Grundlage für genauere qEEG-Diagnostik und EEG-Neurofeedback-Therapie
    Diese Studie überprüft die EEG-Veränderungen bei COVID-19-Patienten und zeigt, dass das Virus die Funktionsweise des Nervensystems beeinflusst. Auffälligkeiten wie langsam wellige Muster im Frontalbereich deuten auf eine verminderte kognitive Leistungsfähigkeit hin. Die Autoren betonen, dass diese Beobachtungen die Basis für genauere qEEG-Diagnosen und Neurofeedback-Trainings bilden könnten (Kopańska et al., 2021).
  2. Kontinuierliche EEG-Merkmale und akute symptomatische Anfälle bei COVID-19-Patienten
    Diese Studie befasst sich mit kontinuierlichem EEG-Monitoring bei schwer erkrankten COVID-19-Patienten und stellt fest, dass einige Patienten nicht-konvulsive Anfälle und scharfe Wellen im EEG aufweisen. Dies zeigt eine mögliche Anfälligkeit des Gehirns für epileptische Anomalien durch das Virus auf (Louis et al., 2020).
  3. Strukturelle Gehirnveränderungen bei Patienten mit Post-COVID-Fatigue
    Diese prospektive Studie verwendet MRT und EEG, um strukturelle Veränderungen im Gehirn von Patienten mit Long-Covid-bedingter Müdigkeit zu untersuchen. Sie stellt fest, dass es signifikante Veränderungen in der Hirndurchblutung und der Gehirnstruktur gibt, insbesondere in subkortikalen Regionen (Paterson et al., 2023).
  4. Langfristige neurologische Auswirkungen von COVID-19
    Diese groß angelegte Studie untersucht die neurologischen Langzeitfolgen von COVID-19. Sie stellt fest, dass Long Covid zu einer Vielzahl von neurologischen Problemen führen kann, darunter kognitive Defizite, Gedächtnisprobleme und sogar strukturelle Hirnschäden, die im EEG sichtbar sind (Xu et al., 2023).

EEG-Befunde bei Long Covid: Eine Übersicht

BereichFrequenzEEG-MusterSymptomPotenzielle TherapieStudie
Frontaler KortexHäufigLangsame Deltawellen, leichte AsymmetrieKognitive Beeinträchtigungen, KonzentrationsstörungenQEEG-Diagnostik, SMR-Training, NeurofeedbackKopańska et al., 2021
FrontalbereichGelegentlichScharfe WellenAnfälle, VerwirrungNeurofeedback-TherapieLouis et al., 2020
Subkortikale RegionenHäufig bei schweren FällenVerminderte HirndurchblutungKognitive Beeinträchtigungen, MüdigkeitKognitive Rehabilitation, NeurofeedbackPaterson et al., 2023
Mehrere GehirnregionenVariabelDiffuse epileptische Entladungen, scharfe WellenKrampfanfälle, VerwirrungEEG-gestützte NeurotherapieXu et al., 2023

Vorschläge für mögliche Therapieoptionen

Basierend auf den oben genannten Studien könnten die folgenden Therapieansätze helfen, die EEG-Veränderungen und Symptome bei Long-Covid-Patienten zu adressieren:

  1. SMR-Training (Sensory Motor Rhythm Training)
    • Elektrodenplatzierung: C3 oder C4 (sensorimotorischer Kortex) nach dem 10/20-System.
    • Frequenz: 12-15 Hz (SMR-Band).
    • Trainingsfrequenz: 2-3 Mal pro Woche.
    • Sitzungsdauer: 30-45 Minuten pro Sitzung.
    • Gesamtdauer: 20-40 Sitzungen, je nach Fortschritt des Patienten.
  2. Neurofeedback-Therapie (für scharfe Wellen und Delta-Wellen)
    • Elektrodenplatzierung: Fp1, Fp2, F3, F4 (Frontalbereich).
    • Frequenz: Alpha (8-12 Hz) oder Theta (4-7 Hz), je nach Bedarf.
    • Trainingsfrequenz: 3 Mal pro Woche.
    • Sitzungsdauer: 30-60 Minuten.
    • Gesamtdauer: 20-30 Sitzungen.
  3. Alpha/Theta-Training (bei Müdigkeit und reduzierter Konzentration)
    • Elektrodenplatzierung: Pz oder Cz (zentraler Kortex).
    • Frequenz: 8-12 Hz (Alpha) und 4-7 Hz (Theta).
    • Trainingsfrequenz: 2-3 Mal pro Woche.
    • Sitzungsdauer: 20-40 Minuten pro Sitzung.
    • Gesamtdauer: 15-30 Sitzungen.
  4. EEG-gestützte Neurotherapie (bei Anfällen und kognitiven Problemen)
    • Elektrodenplatzierung: Je nach EEG-Befunden, gängige Plätze sind Fz, Cz, Pz.
    • Frequenz: Anpassung an das individuelle EEG-Muster.
    • Trainingsfrequenz: 3 Mal pro Woche.
    • Sitzungsdauer: 30-60 Minuten.
    • Gesamtdauer: 20-40 Sitzungen.

Disklaimer

Dieser Artikel fasst wissenschaftliche Studien zusammen und bietet potenzielle Therapiemöglichkeiten, die auf den in den Studien gewonnenen Erkenntnissen basieren. Diese Informationen ersetzen jedoch keine randomisierte, placebokontrollierte klinische Studie. Es ist wichtig, dass Sie alle Therapiemöglichkeiten mit Ihrem behandelnden Arzt oder Therapeuten besprechen, bevor Sie eine Behandlung beginnen.

QEEG-vor-Neurofeedback

Kein Neurofeedback ohne QEEG:

Warum ein gründliches EEG unerlässlich ist

Neurofeedback hat sich in den letzten Jahren als eine vielversprechende Methode zur Verbesserung der Gehirnfunktion etabliert. Es basiert auf der Idee, dass das Gehirn durch gezielte Rückmeldung (Feedback) lernen kann, seine Aktivität selbst zu regulieren. Doch bevor ein Neurofeedback-Training beginnen kann, ist ein detailliertes Verständnis der individuellen Gehirnaktivität des Patienten notwendig – und hier kommt das quantitative EEG (QEEG) ins Spiel. Ohne diese Grundlage trainiert man quasi blind.

Was ist ein QEEG?

Ein QEEG, oder quantitatives EEG, ist eine spezielle Form des EEGs (Elektroenzephalogramm), bei dem die Gehirnaktivität digital erfasst und analysiert wird. Während ein Neurologe ein klassisches EEG verwendet, um grobe Abweichungen in der Hirnaktivität zu erkennen, wie z.B. epileptische Anfälle oder andere neurologische Erkrankungen, geht das QEEG einen Schritt weiter. Hier werden die gemessenen EEG-Daten mit Normwertdatenbanken verglichen, um subtile Abweichungen in der Gehirnaktivität zu identifizieren.

Das klassische EEG, das in der Neurologie verwendet wird, misst und zeichnet elektrische Aktivität auf, um akute oder chronische neurologische Störungen zu erkennen. Der Neurologe sucht nach Anomalien, die auf Erkrankungen wie Epilepsie oder Schlafstörungen hinweisen könnten. Das QEEG hingegen analysiert die Daten tiefer und nutzt moderne statistische Methoden, um eine umfassende Karte der Gehirnaktivität zu erstellen. Es macht subtile Muster sichtbar, die im Rahmen eines Neurofeedback-Trainings genutzt werden können, um gezielt Verbesserungen zu erzielen.

Wie entstehen Normwertdatenbanken für das QEEG?

Normwertdatenbanken basieren auf den EEG-Daten gesunder Probanden. Um solche Datenbanken zu erstellen, wurden EEGs von großen Gruppen von Menschen in verschiedenen Altersgruppen und Lebensphasen gesammelt. Diese Daten bilden eine statistische Grundlage, mit der die Hirnaktivität eines Patienten verglichen wird. Die Normwertdatenbanken sind so aufgebaut, dass sie ein Bild der „normalen“ Gehirnaktivität für verschiedene Altersgruppen, Geschlechter und andere demografische Faktoren bieten.

Abweichungen in den Frequenzbändern und die Z-Score-Analyse

Im QEEG werden verschiedene Frequenzbänder wie Alpha, Theta, Beta und Delta analysiert. Jeder dieser Bänder repräsentiert unterschiedliche Zustände des Gehirns: von Entspannung (Alpha) bis hin zu fokussiertem Denken (Beta). Durch den Vergleich mit Normwerten werden Abweichungen in diesen Frequenzen sichtbar gemacht. Diese Abweichungen werden oft durch Z-Scores dargestellt.

Der Z-Score gibt an, wie viele Standardabweichungen eine Messung vom Durchschnitt der Normwertgruppe abweicht. Ein Z-Score von 0 bedeutet, dass die gemessene Hirnaktivität genau im Durchschnitt liegt, während ein Z-Score von +1 oder -1 eine Abweichung von einer Standardabweichung bedeutet. Abweichungen bis zu ±2 Z-Scores gelten in der Regel als noch innerhalb des Normalbereichs. Erst Abweichungen über ±3 Z-Scores sind signifikanter und deuten darauf hin, dass die Hirnaktivität deutlich von der Norm abweicht.

Gausverteilung und Z-Scores: Wie viele liegen außerhalb von 3Z?

Die Verteilung der Hirnaktivität in einer Population folgt einer Gaußschen Normalverteilungskurve. In einer perfekten Normalverteilung befinden sich etwa 68 % der Werte innerhalb von ±1 Z-Score vom Mittelwert, etwa 95 % innerhalb von ±2 Z-Scores und etwa 99,7 % innerhalb von ±3 Z-Scores. Das bedeutet, dass in einer Stichprobe von 1.000 Personen nur etwa drei Menschen einen Z-Score außerhalb dieses Bereichs hätten. Diese Menschen hätten demnach eine signifikante Abweichung von der Norm sind aber Teil der 1.000 ausgewählten gesunden Personen auf deren Grundlage die Datenbank erstellt wurde.
Zusammenfassend Werte außerhalb von ±3 Z sind sehr auffällig, können aber durchaus bei normalen als gesund eingestuften Menschen auftreten.

Ist ein abweichender Z-Score immer problematisch?

Ein erfahrener Neurofeedback-Trainer hat einmal gesagt, dass ein abweichender Z-Score nicht unbedingt auf ein Problem hinweisen muss. Es könnte auch bedeuten, dass der Patient mit der falschen Normwertgruppe verglichen wurde. Beispielsweise haben Spitzensportler, Künstler oder Scharfschützen oft Gehirnaktivitäten, die sich von der Durchschnittsbevölkerung unterscheiden. Diese speziellen Fähigkeiten erfordern oft ein ungewöhnliches Gehirnprofil, das außerhalb der „Norm“ liegt – und das ist genau das, was sie in ihrem Bereich besonders macht.

Anamnese und Zieldefinition: Der Schlüssel zum erfolgreichen Neurofeedback

Vor der Auswertung des EEGs sollte stets eine gründliche Anamnese durchgeführt werden. Hierbei geht es darum, die Ziele und Wünsche des Patienten zu verstehen und festzulegen, was mit dem Neurofeedback erreicht werden soll. Gibt es spezifische Beschwerden wie Konzentrationsprobleme, Schlafstörungen oder Stresssymptome? Oder soll die kognitive Leistung in einem speziellen Bereich verbessert werden? Diese Informationen sind entscheidend, um das Neurofeedback-Training auf den Patienten zuzuschneiden.

Der Weg zum gezielten Neurofeedback-Training

Ergeben sich Schnittpunkte zwischen den Zielen des Patienten und den Ergebnissen des QEEG, kann ein individuelles Neurofeedback-Training erstellt werden. Die ermittelten Abweichungen in den Frequenzbändern bieten eine klare Richtung, wie das Training gestaltet werden soll. So kann das Gehirn gezielt in den Bereichen trainiert werden, die zur Verbesserung der Symptome oder zur Erreichung der Ziele notwendig sind.

Fazit: Kein Neurofeedback ohne QEEG

Ohne ein QEEG ist Neurofeedback ein Schuss ins Blaue. Das QEEG gibt Aufschluss darüber, wie die Hirnaktivität im Vergleich zur Norm abweicht und wo das Training ansetzen sollte. Ohne diese Informationen läuft man Gefahr, unwirksam zu trainieren oder sogar negative Effekte zu verstärken. Nur durch eine gründliche Analyse der Gehirnaktivität können die gewünschten Ergebnisse im Neurofeedback erzielt werden – und deshalb sollte Neurofeedback nie ohne ein vorheriges QEEG durchgeführt werden.

Michael Schiffer, Baden-Baden 26-Aug-2024